A Hipster’s Life: Onitsuka Afterwork
In Berlin Mitte zu arbeiten hat einige Vorteile. Zum Beispiel muss man sich (wenn man das möchte) nur einmal die Woche rasieren. Oder gar nicht. Wobei die ganz extrem wuchernden Bärte hier mittlerweile auch schon als ziemlich 2013 angesehen werden. Also doch lieber einmal die Woche – und zwar am Anfang, dann hat man es hinter sich. Montags ganz glatt, mittwochs gepflegte Stoppeln, freitags Holzfäller. Zurück zum Thema. Man kann mittags (hier wird auch gern „zum Lunch“ gesagt) immer lecker und spannend essen gehen. Denn jeden Tag macht an der nächsten Ecke eine neue „Eatery“ auf, mit irgendwas total Leckerem, Abgefahrenen aus irgendeinem Land, einer Kultur, von irgendwo anderswo.
Man kann nicht nur an Casual Fridays in Sneakern und albern bedruckten T-Shirts herumlaufen. Sondern immer.
Man kann nicht nur an „Casual Fridays“ in Sneakern und albern bedruckten T-Shirts herumlaufen. Sondern immer. Und es scheint kein Problem zu sein sich schon Anfang der Woche nach der Arbeit gepflegt ein paar Moscow Mules reinzupfeiffen. Wir haben ja alle total flexible Arbeitszeiten – Gleitzeit. Also party all week, wie damals, als man auch noch biologisch jung war.
Was nach einem total abgedroschenen Klischee klingt, ist die Realität. Ganz im Ernst. Und das ist eigentlich echt ganz nett.
Man kommt sich meistens total hip vor, auch wenn man es vielleicht gar nicht ist. Und das Beste: Alle anderen glauben auch an die Hippness, und dadurch reproduzieren sich Hippness und Vorteile gleichermaßen. Die, die nicht in Mitte (oder, Gott bewahre, nicht mal in Berlin) arbeiten/leben, schauen von außen drauf und denken: wow, hip. Die, die in Mitte leben/arbeiten schauen sich gegenseitig an und denken: wow, hip. Events werden extra in Mitte für Mitte-Hipster gemacht. Und Mitte-Hipster machen extra in Mitte Events. Ich mach nur Spaß.
Gestern zum Beispiel. Ich hatte eine Einladung von Onitsuka Tiger ins Platoon an der Schönhauser. Beziehungsweise nicht direkt ich, sondern fasheria. Und da Mode Woche ist – heißt das jetzt eigentlich noch berlin fashion week? – und tausend Events gleichzeitig stattfinden, darf der Techie auch mal auf ne coole Party. Kein Problem. Afterwork also die Schönhause überquert. Rein ins Platoon, und rein ins Hipster-Paradies.
Überall stehen nette Leute rum und haben eine gute Zeit, essen, trinken, quatschen, wippen.
Kaum eingetreten, schon schweben feinste Sushihäppchen vor einem herum. Klar, Tradition verpflichtet. Onitsuka Tiger ist ja bekanntlich die älteste Schumarke Japans. An der Bar gibt es nicht ganz so fernöstliche Longdrinks. Eher globales Trinkgut. Aber ebenfalls einwandfrei. Die Musik, die aus jeder Ecke des Raumes wummert, ist HipHop. Very black, steht auf dem Laptop des DJs. Überall stehen nette Leute rum und haben eine gute Zeit, essen, trinken, quatschen, wippen. Wippen mit Beinen, die an Füßen enden, die in verdächtig identischen Schuhen stecken.
Ok. Angesichts der eigenen Füße, die in etwas abgerockten Lederstiefeln stecken (hey, es ist Winter und es liegt Schnee), stellt sich leichte Panik ein. Vielleicht vergleichbar mit den Gefühlen, die ein Star Wars Fan – sagen wir mal als Chewbacca verkleidet – empfindet, wenn er sich in der Tür irrt und unverhofft auf einer Star Trek Convention landet. Ihr wisst schon: Captain Picard, Commander Ryker und die Klingonen. Und jetzt bitte keine Diskussion welcher dieser Star-Dings-Filme cooler ist. Es geht hier nur darum, dass ich merke, dass ich hier auf einer Veranstaltung mit eingefleischten Fans bin.
With Onitsuka basically every shoe is a classic, sagt er. Ah ja, japanese tradition. I see, sag ich.
Auf der Treppe zur höheren Ebene des Platoon fällt mir eine Schlange auf. Mit meinem Drink schlendere ich rüber und frage das Ende der Schlange, warum es sich da anstellt. B’cos of the shoes, sagt es freundlich. Ich sage: guter Grund. Und dann stehe ich da auf der Treppe mit dem Drink in der Hand und unterhalte mich mit dem netten Ende. Es – er entpuppt sich als Fan. Hat das Modell des letzten Jahres an. In blau/gelb. Beziehungsweise sind seine Onitsukas ein Jahr alt, aber es gibt das Modell schon sehr viel länger. With Onitsuka basically every shoe is a classic, sagt er. Ah ja, japanese tradition. I see, sag ich. I’m so international, denke ich dann noch. Und dann bin ich dran.
Eine supernette Mitarbeiterin holt mich ab, und ich darf den Onitsuka Tiger Mexico Delegation 2016 anprobieren. Für gut befinden. Einpacken. Mitnehmen. Dazu bekomme ich noch eine schicke Onitsuka Sporttasche und eine Onitsuka Mütze. Und das ist, neben dem Sushi, der Musik und den Drinks, und das sag ich jetzt ohne jede Ironie, echt nice! Danke Onitsuka! Oder wie man in Japan sagt: domo arigatou!
Heute bin ich gegen Vormittag ganz flexibel in meinen neuen Onitsuka Tiger Mexico Delegation zur Arbeit nach Mitte gehippstert. Und ich muss sagen: echt gute Sneaker.