Traumgeburt vs. Traumageburt – ein Geburtsbericht Teil 1
Geburtsbericht
Triggerwarnung – in diesem Geburtsbericht geht es um eine schreckliche und eine schöne Geburt. Beide Berichte beinhalten Details, die nicht jeder wissen möchte. Also, für alle, die sich gerade nicht intensiver mit einer Geburt beschäftigen möchten, die springen jetzt bitte zu einem anderen Text. Gibt ja ein paar hier.
Geburt No. 1
Ich habe bisher nicht viel über meine erste Geburt gesagt. Erstens, weil ich niemandem Angst machen wollte und zweitens, weil es mir selbst sehr schwer fiel, darüber zu sprechen. Zu tief sitzt das Trauma. Oder sollte ich lieber sagen – saß.
Der Vorteil der ersten Geburt ist, dass man mit einer gewissen Naivität in die Geburt gehen kann. Ich hatte intensiv Hypnobirthing geübt, einen Geburtsvorbereitungskurs gemacht und mir gedacht, die Schmerzen werden schon nicht so schlimm werden. Außerdem bin ich auch in drei Stunden auf der Welt gewesen, dann wird mein Kind das wahrscheinlich auch sein.
Haha, kann ich da im Nachhinein nur ironisch lachend sagen. Haha.
SSW 41+0 – 2.00 Uhr nachts – Es geht los
Der Kleine war schon auf ca. 3800 g geschätzt mit einem Kopfumfang von ca. 36 cm. Also ein ganz schöner Brocken. Aber irgendwie machte mir das keine Angst, zu abstrakt war das Ganze.
In SSW 41+0 wachte ich mitten in der Nacht auf. Oh man, das waren Schmerzen. Mein lieber Herr Gesangsverein. Ich ging auf die Toilette und dort sah ich Blut. Und das gar nicht mal so wenig. Ich geriet in Panik. Zögerte kurz die Hebamme anzurufen, aber musste es einfach tun. Sie hatte schließlich Bereitschaft für mich und wartete auf die meine Geburt. Sie sagte, es sei der Pfropfen, der sich löst, wenn die Geburt losgeht.
Dadurch, dass es gleich so heftig bei mir losging und ich nur ca. 30 Sekunden Abstand zwischen den Wehen hatte, war auch direkt etwas mehr Blut beim Pfropfen dabei. Also keine Sorge.
Ich solle mich auf den Weg ins Geburtshaus machen.
Leichter gesagt, als getan
Doch das war leichter gesagt, als getan.
Im Abstand von 30 Sekunden hatte ich furchtbare Wehen. Die 40 minütige Autofahrt ins Geburtshaus (die allertollste Hebamme dort heißt übrigens Theresa) war die Hölle. Dort war schon alles bereit und gemütlich gemacht für die Geburt meines Kindes. Gedimmtes Licht, überall Kerzen und ich wurde wahnsinnig liebevoll empfangen.
Erst mal in die Badewanne. Das tat so gut.
Doch dann wurde der Blutdruck gemessen und mir plötzlich gesagt, ich müsse jetzt ins Krankenhaus. Eine Geburt im Geburtshaus sei nicht möglich.
Waaaas , warum, wieso, weshalb. Wollt ihr mich verarschen????
Mein Blutdruck war zu hoch (für mich völlig klar nach der heißen Badewanne) und das Risiko einer Präeklampsie will im Geburtsthaus niemand tragen. Auch wenn ich mir sicher war, das alles ok war, es ging kein Weg daran vorbei.
Mit Wehen durch den morgendlichen Berliner Verkehr
Wow, 40 Minuten wieder mir Wehen im Auto im Berliner Morgenverkehr – ab ins Krankenhaus.
Dort war alles recht hektisch, auch wenn alle wussten, dass ich komme. Muttermund erst bei einem Zentimeter und ab da völliger Stillstand. Und die Wehen brachten mich um. Ab ans CTG und sobald ich mich im Kreissaal aufsetzte, weil die Wehen so erträglich waren, kam jemand rein und raunte mich an, ich solle mich hinlegen, weil sonst das CTG nicht funktionieren würde.
Super, stimmt ja, hier geht es nicht um mich, sondern um ein scheiß veraltetes CTG Gerät. Mir wurde ein Kaiserschnitt empfohlen. Ich bat, noch etwas zu warten und hatte die Hoffnung, es würde auch so gehen. Ab da war ich irgendwie abgeschrieben.
Stunde um Stunde
Und so ging es weiter. Stunde um Stunde. Ich bat um ein Bad in der Wanne, das wurde mir irgendwann genehmigt. Niemand kümmerte sich mehr.
Irgendwann lag ich wieder im Kreissaal und man sagte mir ich bräuchte eine PDA, damit ich noch etwas schlafen könne. Da war ich dabei.
Keine PDA für mich
Die Anästhesistin habe ich nie gesehen, nur hinter mir gehört. Sich vorstellen, mal Hallo sagen? No!
Drei Mal versuchte sie die PDA zu setzen, bis ich Blitze vor meinen Augen sah und mein Fuß hochschnellte. Verschreckt sagte die Hebamme, dass mein Fuß sich bewegt hat. Die Anästhesistin war sauer und sagte mein Rücken sei verkalkt (was natürlich völliger Schwachsinn war), das könnte auch gar nicht funktionieren und verschwand.
Oh, cool. Mein Körper ist zu blöd für eine PDA. Genau das, was man unter einer Geburt hören möchte.
Mittlerweile war die Sonne untergegangen. Irgendwann ging sie wieder auf.
Schmerzmittel, Wehenmittel, nichts schien zu helfen. Ich bat um einen Kaiserschnitt. Dieser wurde mir nun verwehrt mit den Worten „erst ins Geburtshaus wollen und dann einen Kaiserschnitt wollen, das passt doch nicht.“
Ich zitterte nur noch, hatte keine Kraft. Essen wurde mir und meinem Mann in der ganzen Zeit nicht angeboten. Irgendwann sah die Hebamme, dass ich einen Riegel aß und meinte das sei gut.
Ah ok….
Ravioli aus der Dose im Kreissaal
Dann machte mein Mann uns Ravioli aus der Dose, die wir zum Glück dabei hatten.
Danach schlief er zum Glück ein wenig. Während die Hebamme sagt, sie würde jetzt die Fruchtblase aufstechen. Ich sagte, ich möchte das nicht. Interessierte sie nicht. Das Gefühl, als sie sie einfach aufstach war schrecklich. Vor allem, weil ich so entmündigt war.
Die Sonne ging wieder unter und mein Kind war immer noch nicht da.
Lachgas half mir dann. Und ich ließ es nicht mehr los.
Mein Becken sei zu fest für eine Geburt
Eine Hebamme sagt „was machen sie denn für Sport, ihr Becken ist so fest, da kann ja gar kein Kind durch passen.“
Ja, das sind doch genau die Dinge, die man unter einer Geburt hören möchte. Irgendwann dachte ich nur noch, ich kann das gar nicht schaffen. Mein Körper und ich sind einfach nicht fähig.
Die Sonne ging wieder auf. Man wollte mein Becken betäuben. Doch ich sagte, ich will das nicht.
Plötzlich musste alles ganz schnell gehen
‚Dann holen wir jetzt den Arzt.` Und ja, ich sagte, bitte holen Sie ihn. Das war wohl die beste Entscheidung. Dieser wurde nämlich etwas hektisch und sagte, dass Kind muss da jetzt raus, sofort. Holte eine Saugglocke und am Vormittag des zweiten Tages war mein Baby plötzlich da. Nach 36 Stunden.
Mit 4.040g und 56cm tatsächlich ein ganz schön großes und schweres Baby.
Mit Wunde am Kopf und ich mit einem Dammriß 3. Grades, der aber wirklich super versorgt wurde und mir dem ich keinerlei Scherereien hatte.
Es hat echt gedauert bis Freude in mir aufkam. Ich war einfach zu fertig. Als erstes brach mein Mann in Tränen aus. Vor Freude, dass das Kind endlich da war, aus Freude, dass wir beide noch lebten, wie er mir hinterher verriet.
Auch die Tage danach, die ich noch im Krankenhaus bleiben musste waren nicht so doll. Zum Glück hatten wir ein Familienzimmer.
Kein Osteopath, kein Milcheinschuss, keine Hilfe
Leider kam im Krankenhaus der versprochene Osteopath nie und am vierten Tag, als ich immer noch keinen Milcheinschuss hatte und niemand etwas unternahm, habe ich uns selbst entlassen. Mir den Worten, die ich mir noch anhören musste – mein Kind hätte so viel abgenommen, es könne sterben.
Ja und hier unternimmt niemand etwas dagegen sagt ich und ging. Beste Entscheidung, denn zuhause, als ich meinen Fuß zu Tür hereinsetzte, war der Milcheinschuß plötzlich da.
Und meine Hebamme aus dem Geburtshaus kam und hat mich so toll unterstützt.
Leider hatte mein Kind eine Blockade im Rücken, die nicht behoben wurde, weil der Osteopath sich im Krankenhaus sich ja nicht hat blicken lassen und zwei Orthopäden, bei denen ich war, wie auch eine Osteopathin dies nicht erkannten. So kam es, dass mein Kind sich nicht drehen konnte und immer nur auf dem Hinterkopf lag. Irgendwann ging ich in die Charite, in der mein Kind sofort einen Helm bekam. Unsere Rettung und ich bin sehr froh darüber, auch wenn das ein hartes halbes Jahr mit Helm war.
Das Geburtstrauma blieb
Doch das Trauma dieser Geburt blieb. Das schlechte Gewissen meinem Kind gegenüber blieb. Ich ging zu einer Psychologin, die mir nach drei Sitzungen sagte, ich bräuchte eine Traumaexpertin, sie könne mir nicht helfen.
Ich ließ es.
Und musste mir der zweiten Schwangerschaft feststellen, dass ich noch viel aufzuarbeiten hatte.
Mir ist natürlich klar, das diese Geburt im Vergleich zu vielen anderen Geburten ein Spaziergang war.
Ich bin so unendlich dankbar, dass meine Kinder gesund uns munter sind und es auch mir gut geht.
Dennoch habe ich sie als sehr schlimm empfunden, weil ich so komplett ausgeliefert war, man die ganze Zeit im Ungewissen gelassen wurde und keinerlei Unterstützung erfahren hat.
Und mein Mann hat mir später erzählt, dass ihn diese ganze Hektik, die Fehler die scheinbar gemacht wurden und der ganze Umgang mit uns, auch in große Angst versetzt hat und er nur noch gebetet hat, dass wir alle lebend da raus kommen.
Das war mein Geburtsbericht Teil 1 – das eine Geburt auch ganz anders aussehen kann, davon berichte ich in Teil 2.
Wie war das bei euch? Traumgeburt oder Horrortrip?
Und hier geht es zu meinen Wochenbett Essentials
Alles Liebe,
eure Dnice